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  Georg Renner
Liebe Leserinnen, liebe Leser!


Wie schon vergangene Woche angekündigt: Ich bin auf Urlaub und nutze das, abseits der Aktualität mit ein bisschen Abstand je drei Punkte zu beleuchten, mit denen sich die Parteien in den vergangenen Jahren aus meiner Sicht wirklich hervorgetan haben und bei denen sie Defizite haben, die sie dringend angehen sollten.

Die Grünen haben (nicht nur) mich als Regierungspartei überrascht. Dafür, dass die Partei vor der letzten Nationalratswahl 2019 nicht einmal im Nationalrat vertreten und dementsprechend personell geschwächt war, war sie in den vergangenen Jahren bemerkenswert effektiv – und, entgegen dem, was besonders ihrer deutschen Schwesterpartei nachgesagt wird, weit pragmatischer, als man es von einer Gruppe erwarten würde, die aus ehemaligen Umweltaktivisten entstanden ist.

Begrünte Gesetze, CO2-Preis, Antikorruption
Das hat ihnen, erstens, erlaubt, auch abseits ihrer Prestigeprojekte eine ganze Reihe von Reformen „einzugrünen“. Dass zum Beispiel ein Industrieförderungspaket – nicht grundsätzlich im Zentrum grüner Klientelpolitik – ganz gezielt dafür aufgesetzt worden ist, österreichischen Betrieben zu helfen, treibhausgas-arme Prozesse zu entwickeln oder dass die Corona-Erholungspakete gezielt Investitionen in schädliche Technologien ausgeschlossen haben, könnte langfristig größere Effekte haben als manch auffälligere Reform. 
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Man muss auch anerkennen – mit großem „Aber“ –, dass es der wahrscheinlich größte Verdienst der Grünen in dieser Legislaturperiode ist, Österreich auf den Pfad eines steigenden CO2-Preises auf fossile Brennstoffe (Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas) gesetzt zu haben – und dass dieser Pfad trotz hoher Inflation beibehalten wurde. Bei aller Kritik an der zu geringen Höhe, an anderen ordnungspolitischen Versäumnissen der Koalition (etwa dem an der ÖVP gescheiterten Verbot fossiler Heizungen im Wohnungsbestand) und der unklugen Verschleuderung der Einnahmen aus der Abgabe per „Klimabonus“: Hier ist ein sinnvolles Instrument eingeführt worden, das – wenn es die nächsten Regierungen nicht abschaffen – langfristige Steuerwirkung entfalten sollte. 

Das Gleiche gilt für das Freispielen der Korruptionsstaatsanwälte von Berichtspflichten durch das grün geführte Justizministerium: Dass wegen lang eingelernter Unsauberkeiten wie der Verwendung öffentlicher Institutionen und Steuergeld für Partei- oder Wahlkampfzwecke nun frei ermittelt werden kann, ist eine Errungenschaft für Bürgerinnen und Bürger. Bleibt trotz eines eher unseligen Paarlaufs mit U-Ausschüssen zu hoffen, dass sie erhalten bleibt.

Show, Klientel, Alleingänge
Worauf man dagegen verzichten könnte, ist die Showpolitik, die die Grünen selbst mit Steuergeld an den Tag gelegt haben: Ob das die „Gratis“-Klimatickets sind, die der Steuerzahler jetzt kurz vor der Wahl allen 18-Jährigen spendiert oder ein aufwendiger „Klimarat“, der der grünen Politik den Anstrich zusätzlicher Legitimation verleihen sollte – als ob es die über Wahlergebnisse hinaus bräuchte! –, mit solchen Aktionen sollte sich die Partei künftig zurückhalten.

Mehr Enthusiasmus an den Tag legen dürfen hätte sie dagegen bei offensichtlich sinnvollen (und im Koalitionspapier anvisierten) Reformen – etwa bei der auch vom Rechnungshof und anderen des besonderen Aktivismus unverdächtigen Institutionen kritisierten Bildungskarenz oder den Inaktivitätsfallen im Arbeitslosengeld. Es sich mit der eigenen Wählerschaft nicht verderben zu wollen, sollte auch für eine von der vorigen Wahlniederlage gezeichnete Partei keine Ausrede sein, das Nötige umzusetzen. 

Zuletzt, auch wenn das nun doch sehr ins Aktuelle hineinreicht: „Heroische“ Alleingänge wie die unakkordierte Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung oder die – temporäre – Absage des Lobautunnels (entgegen dem Bundesstraßengesetz) sind keine gute Politik. Hier haben die Grünen einen Präzedenzfall geschaffen, der das Potenzial hat, auch künftige Regierungen instabiler und/oder unflexibler zu machen, weil sie mangels Vertrauen für jeden Eventualfall Vorsorge treffen werden müssen. Ein Bärendienst an der politischen Kultur im Land.

Herzlich,
Ihr Georg Renner
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