|
|
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
|
Das Außenministerium hat gerade die Leitung der „Zentralen Stelle für Entbürokratisierung“ ausgeschrieben, die mit acht Vollzeitäquivalenten besetzt werden soll (falls Sie sich bewerben wollen, hier entlang). Das klingt wie der Beginn eines guten Witzes, vielleicht aus der großartigen Satire „Parkinson’s Law“ von Cyril Northcote Parkinson, der schon 1958 ebenda zwei Axiome aufgestellt hat:
|
|
|
|
|
|
|
[1] Jeder Beamte oder Angestellte wünscht, die Zahl seiner Untergebenen, nicht aber die Zahl seiner Rivalen, zu vergrößern.
[2] Beamte oder Angestellte schaffen sich gegenseitig Arbeit.
Wer es sich leicht machen will, sieht in der neuen Deregulierungsabteilung sowie dem Deregulierungsstaatssekretariat unter Josef Schellhorn genau die Bestätigung der Parkinson‘schen Gesetze: Bürokratie schafft mehr Bürokratie, um Bürokratie zu bekämpfen.
Das kann man natürlich so sehen – und die Tatsache, dass Schellhorns Amt aus parteipolitischen Gründen ohne Not am Außenministerium, dem wohl mit Abstand unpassendsten Ort angesiedelt worden ist, nährt diese Erzählung noch zusätzlich.
|
|
Wenn Ihnen dieser Newsletter weitergeleitet wurde, können Sie ihn hier kostenlos abonnieren. Er erscheint jeden Dienstag Nachmittag.
|
|
Man kann – und sollte – es aber auch anders sehen: Nämlich, dass Deregulierung dringend institutionell verankert werden muss. Die Schaffung einer eigenen Abteilung auf Beamtenebene, die sich ausschließlich dafür zuständig fühlt, das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern zu entkomplizieren, hat Potenzial.
Deregulieren ist ein Marathon
Denn Deregulierung ist vor allem eines: Ein Marathon. Schnelle Erfolge wird es dabei ebenso wenig geben wie große Schnitte, die von heute auf morgen alles gut machen. Das liegt daran, dass es sich um eine komplexe Angelegenheit handelt, die weit über den unmittelbaren Wirkungsbereich der Politik hinausreicht, wie ich in einem Text im aktuellen DATUM zu umreißen versucht habe: Reguliert wird unser Wirtschafts- und Zusammenleben nicht nur von Bund, Ländern und Gemeinden, sondern genauso von zivilen Institutionen.
Dazu gehört der Verein Austrian Standards, der die „ÖNORMEN“ herausgibt, an denen sich Sachverständige orientieren, wenn sie entscheiden müssen, ob am Bau ordentlich gearbeitet oder gepfuscht worden ist. Ebenso wie Banken oder Versicherungen, die in ihren Vertragsbedingungen entscheiden, welche wirtschaftlichen Risken vertretbar sind und welche nicht mehr. Oder natürlich die Kammern, die die Regeln dafür aufstellen, was jemand können und nachweisen muss, bevor er ein Unternehmen, eine Ordination oder sonst was gründet.
All das prägt unseren Alltag, und was wir uns leisten und erlauben können, mindestens so sehr wie Bundes- oder Landesgesetze. Und all das muss jemand berücksichtigen, der es Bürgerinnen und Bürgern leichter machen möchte, etwas umzusetzen.
Kein Job für Polterer
Das ist ein hehres, wichtiges Anliegen, gerade inmitten einer Wirtschaftskrise. Aber es ist kein Job für polternde Politiker, sondern für Teamplayerinnen und Technokraten. Da geht es weniger um sexy klingende Sofortmaßnahmen wie „Sunset clauses“ oder die Abschaffung alter Regelungen – aber sehr viel um Verhandlungen neuer Standards, Kodifikationen von Schadenersatzregeln und Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Anders gesagt: Um sehr, sehr viel Zeit in faden Konferenzräumen und wenig Posieren mit Kettensägen.
Es ist sinnvoll, das auf Beamtenebene anzugehen, wo man nicht wie in der Politik auf Abruf dient und schnell Erfolge vorweisen muss. Ob man das im Wirtschafts- oder Justizministerium einrichtet oder, auch wenn es peinlich ist, im Außenministerium, ist sekundär. Wichtig ist, dass sich jemand zuständig fühlt. Das ist ein guter Anfang.
Herzlich,
Ihr Georg Renner
|
|
|
© Satzbau Verlags GmbH
|
|
|
|