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Liebe Leserinnen, liebe Leser!
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Aus der Opposition heraus lässt es sich gut stänkern: Für FPÖ-Chef Herbert Kickl ist klar, dass es eine 2,7-Prozent-Erhöhung der Pensionen und die volle versprochene Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst (Inflation plus 0,3 Prozentpunkte) geben soll. Eventuell hätte Kickl vor seinem „Sommergespräch“ mit Parteifreund Mario Kunasek sprechen sollen, der sich vergangene Woche in der ZiB 2 bei der Frage nach den Beamten-Gehältern ziemlich gewunden hat – es sei in der Steiermark, wo er Landeshauptmann ist, schon auch „nicht rosig“.
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Wohin es führt, wenn man die Budgetdisziplin zu lange schleifen lässt, weil man niemandem weh tun will, zeigt sich gerade in Frankreich: Dort hatte die Regierung unter François Bayrou ein Sparpaket vorgelegt – unter anderem mit der Streichung von Feiertagen – und ist dafür gerade abgewählt worden. Das Land ist praktisch unregierbar.
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In dieser Situation ist Österreich erfreulicherweise noch nicht. Aber: So wie wir, laborieren fast alle westlichen Staaten – die nordischen Champions wieder einmal ausgenommen – an der Frage, wie man einen großzügigen Sozialstaat mit der wirtschaftlichen, demographischen und weltpolitischen Realität auf einen Nenner bringt. „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar“, hat der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz vor Kurzem in den Raum gestellt – eine Ehrlichkeit, die in Österreich leider niemand zusammenbringt, auch wenn die Faktenlage recht ähnlich ist.
Von 271 Milliarden Euro, die der Staat 2024 ausgegeben hat – alle Ebenen vom Bund bis zu den Gemeinden zusammengerechnet –, entfallen 41,5 Prozent, also 113 Milliarden Euro, auf den Sektor „Soziale Sicherung“. Und der größte Kostenpunkt ist mit 70 Milliarden Euro, einem Viertel der Gesamtausgaben, die Alterssicherung. Wer wie Kickl angesichts solcher Dimensionen in den Raum stellt, mit Kürzungen bei der Entwicklungshilfe („Aderlass bei den Pensionisten, aber Millionen für Burkina Faso“) dem Budgetdefizit Herr werden zu können oder – wie von der anderen Seite des politischen Spektrums – mit noch höheren Steuern, täuscht entweder sich selbst oder die Bürgerinnen und Bürger.
Es wäre gut, wenn die verantwortungsvollen Kräfte in der österreichischen Politik sich Merz‘ Aussage zueigen machen würden – mit Betonung auf den Sozialstaat, „wie wir ihn heute haben“: Kaum jemand in der Republik ist für radikale Einschnitte; für eine gesellschaftliche Solidarität mit jenen, die sich nicht selbst erhalten können, gibt es eine breite Mehrheit.
Aber realistischerweise wird eine Sanierung der ausufernden Budgets nur über die breite Masse der Menschen gehen – entweder über Massensteuern (etwa eine Erhöhung der Mehrwertsteuer) oder eben Einschnitte bei Leistungen, die viele Menschen betreffen. Deswegen sind ja auch schon Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld gekürzt worden, deswegen kommt die Sozialhilfe in den Fokus und deswegen sollte auch die Pensionserhöhung maßvoll ausfallen.
Wer – wie Pensionistenvertreter und Teile der SPÖ – mit dem Verweis darauf reagiert, dass das Pensionssystem im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen ja ein Versicherungssystem sei, verkennt die Lage absichtlich oder fahrlässig. Wäre es ein reines Versicherungssystem, müssten die Pensionen nach Versicherungsmathematik bemessen werden – also vor allem nach der Zahl der Bezieher und deren Lebenserwartung, nicht nach der Inflation und den großzügigen Boni, die Politiker aller Farben in besseren Zeiten noch draufgeschlagen haben.
Dass der Bund diesem „Versicherungssystem“ jedes Jahr zweistellige Milliardenbeträge aus Steuergeld zuschießen muss, ist ein weiteres Indiz, dass es mit der Versicherungsleistung nicht weit her ist. Das wäre ein guter Ausgangspunkt für die Verhandlungen um die Pensionserhöhung: Die Inflation nur in jenem Ausmaß abzugelten, in dem die Erwerbstätigen das System tragen – aber nicht in jenem Anteil, mit dem der Bund das System stützt.
Niemand kürzt gerne Leistungen – aber die Zahlen geben nichts anderes her. Wer sich vor dieser Verantwortung drückt und vor breitem Publikum „weiter wie bisher, niemandem darf etwas weggenommen werden“ in den Raum stellt, ist für eine Regierung ungeeignet.
Herzlich,
Ihr Georg Renner
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