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  Georg Renner
Liebe Leserinnen, liebe Leser!


ich weiß, die EU-Wahl, es ist alles sehr aufregend. Kurz habe ich darüber nachgedacht, mich hier und heute für die abendliche Ergebnisprothese vulgo „Trendprognose“ in die Bresche zu werfen, für die die österreichischen Medien ab Sonntag, 23 Uhr heftig kritisiert worden sind – ich fand sie unter den gegebenen Umständen okay. Tatsächlich ist das aber eher nur die Frage, ob wir am Wahlabend ein mehrstündiges Unterhaltungsprogramm für Demokratiejunkies brauchen als eine relevante politische Frage. 

Mehr Gedanken sollten wir uns über die kommenden Wochen und Monate machen. Bekanntlich wählen wir erst Ende September einen neuen Nationalrat – beschlossen und kundgemacht ist das noch nicht; falls der Bundespräsident noch schnell einen auf Macron macht, könnte es auch schneller gehen, das können wir aber schon allein angesichts des Heulens und Wehklagens, das diesfalls im Innenministerium ausbräche, als sehr, sehr theoretische Möglichkeit abhaken. Das heißt, wir haben noch etwas mehr als drei Monate mit dem aktuellen Gesetzgeber.
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Jetzt will ich unser aller Entscheidung bei dieser Wahl nicht vorgreifen – aber die Politik sollte in diesen verbleibenden Wochen nutzen, was dieser aktuelle Nationalrat hat, der nächste nach derzeitiger Umfragelage wahrscheinlich nicht mehr: eine relativ einfache Möglichkeit, zu einer Zweidrittelmehrheit zu kommen.

Verfassungsreformzeitfensterschlusspanik
Ich will sie jetzt nicht lange mit Mandatsarithmetik langweilen, aber es ist so: Derzeit können die Regierungsparteien (ÖVP und Grüne, Stand heute) gemeinsam mit der SPÖ Verfassungsgesetze beschließen, die drei Parteien kommen mit 71 plus 26 plus 40 Mandaten zusammen locker auf mehr als die 122 nötigen Stimmen. Kommt es bei der nächsten Wahl so, wie die Umfragen das zuletzt recht konsistent zeigten – ÖVP und SPÖ knapp über 20 Prozent, Grüne und Neos rund 10, dazu noch ein paar Prozentpunkte Bier et al. – wird es weit komplizierter, die Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Zumindest dürfte es vier oder sogar alle fünf dieser Klubs brauchen, um auf die 122 zu kommen. Es ist nicht einmal undenkbar, dass die Freiheitlichen, die derzeit an der 30-Prozent-Marke kratzen, mehr als ein Drittel der Mandate bekommen, dann sind Verfassungsnormen ohne ihre Zustimmung überhaupt ausgeschlossen. 

Weil die FPÖ, wie sage ich es, in den vergangenen Jahren nicht die reform- und kompromissfreudigste Truppe war und Gesetze umso aufwendiger zu verhandeln und zu verabschieden sind, je mehr Parteien man dafür braucht, muss man daher festhalten: So einfach wie in diesen verbleibenden Monate wird es auf absehbare Zeit nicht mehr.

Grundsätzlich erwarte ich von der türkis-grünen Koalition nicht mehr allzu viel. Mit der ÖVP, die in den vergangenen Wochen auf einen anti-Regulierungskurs eingebogen ist, ist nach menschlichem Ermessen kein Klimaschutzgesetz mehr zu machen; mit den Grünen, die sich gegen Wählerabfluss zu anderen Linken absichern wollen, keine Verschärfung im Strafrecht, usw. Ich würde mich freuen, wenn ich mich irre, aber abseits von Wohlfühlprogramm (die jährliche Pensionserhöhung werden sie überraschenderweise noch zusammenbringen) und Technischem wird da nur noch wenig kommen. 

*Fanta 4-Stimme*: „ElWG, EGG und EABG…“
Genau diese „technischen“ Reformen sollten deshalb jetzt ganz nach oben auf die Agenda: Besonders im Energiebereich, in dem der Bund wegen geteilter Zuständigkeit mit den Ländern nur mit Zweidrittelmehrheit regulieren kann, ist nämlich einiges offen. 

Hinter den Kürzeln ElWG, EABG und EGG verbergen sich drei Gesetze, die ziemlich elementar für den Standort Österreich, unsere Wirtschafts-, Klima- und Außenpolitik wären: Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz würde zum Beispiel die Pflichten von Netzbetreibern gegenüber Stromerzeugern den bisherigen, 20 Jahre alten Gesetzen, neu regeln. Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz sollte den Ausbau erneuerbarer Energien durch schnellere Genehmigungsverfahren, nun, beschleunigen. Und das Erneuerbares-Gas-Gesetz soll Produktion und Einspeisung von Biogas in Richtung zehn Prozent bis 2030 fördern – was mit Hinblick auf die noch immer blamabel hohe Abhängigkeit von russischem Erdgas hoch an der Zeit ist.

Alle drei Gesetze sollten an sich keine großen ideologischen Fallstricke zwischen Türkis, Rot und Grün beinhalten – und weil sie sowohl im Interesse des Klimaministeriums wie auch aller Landes-Energieversorger samt angeschlossener Lobbys liegen, habe alle drei Parteien Motivation, sie zu finalisieren.

Herzlich,
Ihr Georg Renner
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