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Liebe Leserinnen, liebe Leser!
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Seit ein paar Tagen lässt mich dieser Polizeieinsatz am Kärntner Peršmanhof nicht los. Nicht so sehr der besonderen Umstände wegen, die diese Angelegenheit sehr sensibel machen. Selbst wenn wir die politische Konnotation eines linken „Antifa“-Treffens beiseite lassen, die Kärntner Volksgruppenthematik und die Erhabenheit eines NS-Gedenkortes: Ich hätte schlicht nicht gedacht, dass eine Polizeibehörde im Jahr 2025 eine Woche lang nicht einmal ansatzweise den Verdacht ausräumen kann, mit fadenscheinigen Vorwürfen eines Verstoßes gegen die Campingordnung einen Großeinsatz auf einem privaten Anwesen vom Zaun gebrochen zu haben.
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Mein ehemaliger Chef bei der „Kleinen Zeitung“ hat sinngemäß geschrieben, man müsse differenzieren: Die „Antifas“ seien auch keine Engerl. Ich verstehe, wo das herkommt – nur, weil jemand sich als „Antifaschist“ tituliert, kann er nicht immun sein, ob gegen Kritik, gegen einen Verdacht und schon gar nicht gegen Ermittlungen. Und Gedenkstätte hin oder her, wenn Ermittler einen begründeten Verdacht haben, müssen sie auch dort über den Rechtsweg Zugang erhalten.
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Aber das ist nicht das Thema: Hier liegt der seinerseits gut begründete Vorwurf auf dem Tisch, dass es eben keinen solchen begründeten Verdacht gegeben hat – und dass die Polizei nach dem Motto „irgendwas wer’ma scho finden“ trotzdem in voller Mannstärke samt Unterstützung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angerückt ist. Und dass sie, darüber hinaus, die potenzielle Eskalation von der Kärntner Campingordnung an aufwärts von Anfang an in Kauf genommen hat.
Ich bin davon ausgegangen, dass das heute nicht mehr geht: Dass sich eine moderne, aufgeklärte Exekutive nach so einem Vorfall nicht sofort, umfassend und transparent rechtfertigt. Natürlich kann es Gründe geben (siehe oben), auch ein Jugendlager bei einer Gedenkstätte zu kontrollieren: Wenn es den begründeten Verdacht gibt, dass dort Straftaten geplant werden, zum Beispiel – oder wenn es Hinweise gibt, dass sich dort Verdächtige verstecken.
Aber wenn es solche Gründe für den Einsatz am Peršmanhof gegeben hat, haben Polizei und Bezirkshauptmannschaft sie seit einer Woche exzellent geheim gehalten. Das steht einer Behörde nicht an, die ansonsten bereitwillig über jede Übertretung der Kärntner Pilzverordnung per Presseaussendung informiert.
Dass nach einem derart eskalierten Einsatz in sensibler Zone nicht sofort vom Innenminister abwärts klar Schiff gemacht wird und alles auf den Tisch kommt, ist enttäuschend. Gerade in einer Zeit, in der die Polizei – grundsätzlich zurecht - nach mehr Ermittlungsbefugnissen im digitalen Raum verlangt, muss sie gleichzeitig in der Lage sein, jeden Willkürverdacht binnen Stunden auszuräumen oder öffentlich Konsequenzen zu ziehen.
Auf den Vorwurf, dass Beamte da schnell einen Verstoß gegen die Campingordnung konstruiert und eigens Kollegen vom Fremdenamt mitgenommen zu haben, um dann den Einsatz ausweiten zu können, zuerst einmal tagelang überhaupt nicht zu reagieren und dann nach Salamimethode erst nach und nach mit der Wahrheit herauszurücken, ist nicht der Standard, dem österreichische Behörden 2025 entsprechen sollten.
Im besten Fall haben wir es da mit einer massiven Kommunikationsschwäche in der Urlaubszeit zu tun – und selbst das wäre katastrophal, angesichts der heiklen Situation zwischen Gedenkkultur, Links-Rechts-Tangente und der Volksgruppenfrage. Weit schlimmer ist aber das mangelnde Problembewusstsein: Dass nämlich der Landesvizekommandant der Polizei in der Zib 2 nicht mehr als ein Kärntnerisches „Alles richtig gemacht“ mitbringt, ohne den Vorwurf, dass da mit (Staats-)Gewalt ein Verdacht konstruiert worden ist, auszuräumen.
Die Polizei muss grundsätzlich über solche Zweifel erhaben sein. Das beste Mittel dafür ist Transparenz und klare Kommunikation. Nachdem die Behörden an dieser Hürde gescheitert sind, braucht es jetzt externe Kontrolle: Wenn das Innenministerium klug ist, lässt es solche Fehlleistungen von einer Kommission von unumstrittenen Persönlichkeiten untersuchen.
Tut es das nicht rasch und von selbst, wird die Angelegenheit noch weiter politisiert – mit beträchtlichen Kollateralschäden.
Herzlich,
Ihr Georg Renner
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