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Reformpotenzial gäbe es zuhauf, und da möchte ich gleich noch einen Punkt auf die To-do-Liste setzen: Die „nicht-amtsführenden Stadträte“, dieses absurde Wiener Unikum, sind eine konstitutionelle Obszönität und sollten schleunigst auf die eine oder andere Art abgeschafft werden.

Proporz oder Majorz
Lassen Sie mich kurz ausholen: Seit seiner Trennung von Niederösterreich vor mehr als 100 Jahren ist Wien als einzige Ortschaft Österreichs gleichzeitig Bundesland und Gemeinde. Der Bürgermeister ist gleichzeitig Landeshauptmann, der Gemeinderat auch Landtag, und so weiter. Das hat für die Stadt etliche günstige Auswirkungen, etwa in der Raumplanung und beim Budgetieren, aber es hat auch eine verfassungsrechtliche Einschränkung: Während sich die acht herkömmlichen Bundesländer aussuchen können, wie sie ihre Landesregierung besetzen, nach Proporz (alle im Landtag vertretenen Parteien haben Sitze in der Regierung) oder Majorz (die Mehrheit im Landtag entscheidet über die Landesregierung), ist Wien wie alle Gemeinden zu einem Proporzsystem verpflichtet. 

In den beiden anderen Ländern, die noch ein Proporzsystem haben – Nieder- und Oberösterreich –, heißt das in der Regel, dass es im Landtag trotzdem eine Koalition gibt, aber auch Politiker der Opposition Zuständigkeiten in der Landesregierung übernehmen. In der Regel sind das nicht die glamourösesten und mächtigsten Ämter – Sven Hergovich (SPÖ) ist im schwarz-blauen Niederösterreich zum Beispiel zuständig für Baurecht, Normen - und Vermessungswesen –, aber es sind immerhin Verantwortungsbereiche, „durchaus mit Arbeit verbunden“, sozusagen. 

Wien ist anders: Hier gibt es aktuell in der scheidenden Regierung Ludwig II, fünf (von 13) Regierungsmitglieder der Oppositionsparteien, die auch mit entsprechenden Büros und Gehältern ausgestattet sind – aber sie haben einfach keine Zuständigkeiten. Sie sind Pro-forma-Regierungsmitglieder, zu entscheiden und gestalten haben sie nichts. 

Das ist eine (mittlerweile mehrere Jahrzehnte alte) Perversion des Gedankens der Verfassung, dass die gewählten Parteien sich Verantwortung, Ressourcen und Macht im Verhältnis zu ihrer Stärke im Gemeinderat aufteilen sollten.

Zwei Wege aus der Perversion
Es wäre Zeit, dieses bizarre Schauspiel auf Kosten der Steuerzahler ein für alle Mal zu beenden. Das ginge zum Beispiel, indem die nächste Koalition den Regierungsmitgliedern der anderen Parteien endlich auch wieder Verantwortung überträgt. 

Angesichts des sprichwörtlichen Machtbewusstseins der Wiener SPÖ scheint das ungefähr so wahrscheinlich wie ein anstehender Wintereinbruch in der Sahara. Bleibt Variante 2: Die Koalition sollte sich im Bund darauf einigen, Wien dieselbe Möglichkeit der Regierungsbildung einzuräumen, wie den anderen Ländern. Sprich: Die Stadt sollte sich die Methode ihrer Regierungsbildung aussuchen und endlich auf echten Majorz umstellen können – im Austausch gegen gestärkte Kontrollrechte der Opposition.

Dazu bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Das sollte also machbar sein, gerade jetzt, wo endlich länger keine Wahl ansteht.

Herzlich,
Ihr Georg Renner


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