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Liebe Leserinnen, liebe Leser!
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Die Inflation, zuletzt 3,5 Prozent im Juli, ist ein Graus. Generell, aber ganz besonders, wenn es um Lebensmittel geht – weil es einem bei jedem einzelnen Einkauf auffällt, wie teuer alles geworden bzw. wie viel Wert das eigene Geld verloren hat. (Noch ist es nicht ganz so weit, dass Geschäfte die alten Schillingpreise wieder aufhängen können – ich erinnere mich an eine 0,5er-Flasche Cola um acht öS –, aber ewig weit weg ist es auch nicht mehr.)
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Abseits des psychologischen Effekts ist die Teuerung auch auf mehreren Ebenen ein politisches Problem: Ein soziales, weil ärmere Familien von der Inflation bei Grundbedürfnissen überproportional betroffen sind. Ein wirtschaftliches, weil Österreichs Unternehmen nicht einfach so ihre höheren Kosten an Kunden in aller Welt weitergeben können. Und nicht zuletzt auch ein budgetäres, weil die Politik entschieden hat, sehr viele Ausgabenposten – Pensionen oder aktuell die Gehälter im öffentlichen Dienst, zum Beispiel – an die Inflationsrate zu knüpfen.
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Es ist daher durchaus sinnvoll, dass Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) in den SN darüber nachdenkt, wie man die Inflation bekämpfen könnte – besonders bei den Lebensmitteln.
Generell würde man sich als Bürger ja wünschen, dass Politikerinnen und Politiker bei solchen Anlässen ein bisschen über die Problemanalyse hinauskommen und mehr als ein „Ein genaues Modell habe ich noch nicht im Kopf“ auf den Tisch legen. Aber es ist nun einmal so: Wer behauptet, ein schnelles Patentrezept gegen die Teuerung zu haben, blendet.
Gehen wir das durch:
Staatliche Preiskontrollen? Hat Spanien probiert – die Inflation der Lebensmittel dort ist trotzdem höher als in Österreich. Und in Ungarn haben sich beim selben Versuch recht schnell die Regale geleert.
Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, wie sie die SPÖ vor der Nationalratswahl noch gefordert hat? Würde zwar kurzfristig wirken, den Staat aber in der Gegend von sieben Milliarden Euro im Jahr kosten – auf die er gerade schlecht verzichten kann.
Mehr Wettbewerb unter Supermärkten? Wahrscheinlich das effektivste Mittel – aber das kann der Staat einerseits schlecht erzwingen; und all die Maßnahmen, die vom Staat zu Recht eingefordert werden, um Wettbewerb zu begünstigen (eine konsequente Raumordnung zum Beispiel) wirken bestenfalls auf Jahrzehnte.
Das sollte die Regierungsparteien aber nicht von ein wenig Optimismus abhalten: Inflation in Österreich zumindest mittelfristig in den Griff zu bekommen, ist nicht zuletzt Sache einiger Maßnahmen, die sie sich ohnehin vorgenommen hat.
Der erste und wichtigste Schritt: Die Republik muss schnellstens die Voraussetzungen für das Energiesystem der Zukunft schaffen. Energiekosten zählen zu den stärksten Teuerungstreibern der vergangenen Jahre und schlagen auf praktisch alle anderen Preiskategorien durch. Das seit Jahren überfällige ElWG, dessen Begutachtung diese Woche endet, schleunigst zu beschließen und danach das Erneuerbaren Ausbau-Beschleunigungsgesetz ebenso umzusetzen, ist elementar – auch wenn man dabei nicht als erstes an die Teuerung denken mag.
Zweitens – auch das hat sich die Regierung vorgenommen: Die österreichische Förderlandschaft gehört dringend auf Effektivität durchforstet. Jede einzelne Förderung mag für sich gut gemeint sein – aber in Summe tragen vor allem die „Breitband“-Fördermaßnahmen, die Besser- wie Schlechterverdienern gleichermaßen zugutekommen, dazu bei, dass die Inflation hoch bleibt.
Zuletzt sollte die Republik bei der Entwicklung der Löhne mit gutem Beispiel vorangehen. Eine automatische Anpassung der Gehälter an die Inflation führt letzten Endes dazu, dass angesichts von Angebot und Nachfrage auch die Preise steigen. Und während das im privaten Sektor der Mitbestimmung der Politik mit guten Gründen entzogen ist – Kollektivverträge sind Sache der Sozialpartner –, sollte die Republik die pauschale Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Dienst um Inflation + 0,3 Prozent noch einmal aufschnüren und ein bescheideneres Paket verhandeln.
Schnelle Antworten gibt es auf die Teuerung nicht. Aber hilflos ist die Regierung auch nicht, wenn sie es will.
Herzlich,
ihr Georg Renner
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