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So unterhaltsam die vielen Umfragen Harris vs. Trump und die daraus resultierenden Analysen – ja, wie viele US-Dilettanten habe ich am Samstag auch über die Selzer-Ergebnisse in Iowa gestaunt und ich werde heute Nacht auch nicht viel schlafen – sein mögen: Wir Europäer sollten das Schauspiel den Amerikanern überlassen und lieber vor unserer eigenen Tür kehren. Für den Kontinent, für die Union und für Österreich hätte ein Sieg Donald Trumps fraglos schneller und massivere Nachteile – von der Ukraine, die ein republikanisches Weißes Haus wohl eher im Stich lassen würde als ein demokratisches, bis zu hohen Schutzzöllen, die Trump auf Importe angekündigt hat. Aber das heißt noch lange nicht, dass bei einem Sieg Kamala Harris‘ alles paletti wäre. 

Egal, wer gewinnt: Europa muss auf eigenen Beinen stehen
Ja, die militärische Abwendung der Vereinigten Staaten von Europa Richtung Pazifik würde unter demokratischer Ägide wahrscheinlich langsamer und mit mehr Rücksicht auf die Nato-Bündnispartner vor sich gehen – und auch die Rhetorik, dass Welthandel, dass alles, was nicht „made in USA“ ist, quasi Betrug am eigenen Bürger wäre, scheint mir auf demokratischer Seite weniger ausgeprägt als unter den Republikanern.
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Aber dass die USA sich weg von Europa orientieren werden, bezweifelt kaum ein Sicherheitsexperte. Und der „Inflation Reduction Act“, dessen sich der scheidende Präsident Joseph Biden rühmt und der zu dem aus mitteleuropäischer Sicht beneidenswerten wirtschaftlichen Aufschwung Amerikas nach der Pandemie geführt hat, ist kaum etwas anderes als klassischer Protektionismus. Steuernachlässe und Förderungen für heimische Produkte sind zwar geringfügig sympathischer als Zölle auf ausländische – aus Sicht eines kleinen Staates jenseits des Atlantiks, für den die USA noch dazu der zweitwichtigste Handelspartner sind, ist das eine wie das andere eine Herausforderung.

DATUM hat der Frage, was passiert, wenn die USA die Europäische Union eines Tages quasi allein zuhaus lassen sollten, die vergangene Ausgabe des Magazins gewidmet. Ich habe das Heft jetzt, vor der Wahl, noch einmal gelesen – und man muss leider sagen: Gut schaut das alles nicht aus, weder sicherheits- noch wirtschaftspolitisch. 

Eine handlungsfähige Union
Wenn diese knappe Wahl uns etwas lehren sollte, dann dass es keine gute Politik ist, wenn Wohl und Wehe unseres Kontinents von ein paar tausend Wählerinnen in den Vororten von Pennsylvania abhängen. Das absurde Faktum steht: Allein unter den EU-Mitgliedstaaten hätten wir durchaus die Ressourcen, die Menschen, das Potenzial, zumindest in unserem eigenen Eck der Welt für Sicherheit zu sorgen und dem Protektionismus anderer Weltmächte etwas entgegenzusetzen. Das geht aber nicht, wenn sich die Union weiter in Kleinstaaterei verliert.

Unsere nächste Regierung sollte sich daher dafür stark machen, die Union zu stärken – auch, wenn das ein Stück österreichische Souveränität kosten wird. Das fängt bei dem neuen europäischen Geheimdienst an, den Brüssel gerade aus der Taufe zu heben gedenkt, geht über die sicherheitspolitischen Erwägungen wie eine gemeinsame, auf die Nato-Mitglieder in Europa getrimmte Beschaffung militärischen Materials und sollte auch beim größten Tabu nicht enden: einer eigenständigen Finanzierung der zentralen Aufgaben der Union durch eigene Abgaben oder gemeinsame Schulden. 

Entwickelt sich die Union nicht in eine solche handlungsfähige Richtung, werden wir weiter davon abhängig bleiben, wen die Swing States nach Washington befördern. Und das kann, besonders wenn es so knapp ist wie heute, kein akzeptabler Dauerzustand sein.

Herzlich,
Ihr Georg Renner

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